Indien (Teil II)


Oktober 2003
Asienreise
Von Oktober 2003 bis März 2004 bin ich mit dem Rucksack durch Indien, Südostasien und China getingelt. Hier finden sich die Reiseberichte die ich per E-Mail aus diversen Internet-Cafés nach Hause geschickt habe. Sie sind um die größten Rechtschreibfehler beseitigt und mit Fotos ergänzt.
Hi!

Nun bin ich seit gut drei Wochen in Indien. Hier meine Stationen und Eindrücke:


10.10. Bharatpur

Keoladeo Nationalpark
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Keoladeo Nationalpark

Fahrrad und Fernglas ausgeliehen, einen Führer angeheuert und auf gings in den Vogelpark. Herrlich ruhig, viel Wasser, viel Grün. War das entspannend.
Ein paar Vögel hab ich natürlich auch gesehen. Mit den meisten englischen Namen konnte ich nichts anfangen; aber wer weiß ob das im deutschen viel besser gewesen wäre.

Dann wollte ich mit einem local-bus nach Agra. Bei der Rikschafahrt zum Busbahnhof war ich etwas zu spät und der Bus kam uns bereits entgegen. Da der Rikschafahrer wusste, dass ich diesen Bus haben will, hielt er kurzerhand den Bus an und ich konnte doch noch einsteigen. So läuft das hier.


10.10. - 11.10. Agra

Agra: Taj Mahal
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Agra: Taj Mahal

Kurz vor Sonnenuntergang ins Hotel eingecheckt und sofort auf die Dachterrasse. Was für ein Blick - direkt auf das Taj Mahal - wow. Nächsten früh bin ich direkt zum Sonnenaufgang ins Taj Mahal. 750 Rupees (50 Rupees = 1 Euro) für Ausländer und 50 für Inder. Ist schon ein faszinierendes Bauwerk. Komplett aus Marmor und es ändert je nach Lichteinfall leicht seine Farbe. Dieses Bauwerk hat ein Herrscher aus Liebe und Trauer um seine verstorbene Lieblingsfrau errichten lassen. Eigentlich war noch ein Gegenstück aus schwarzem Marmor am anderen Ufer des Yamuna Flusses geplant. Aber schon das Taj Mahal hatte die Staatsfinanzen ziemlich ruiniert.

Am Abend hielten Moslems direkt vorm Hotel ihr Lichtfest (oder so ähnlich) ab. Schreiender Gebets-Sprech-Gesang in unglaublicher Lautstärke. War am Anfang noch ganz spannend. Aber die wollten überhaupt nicht aufhören. Nicht mal Ohrenstöpsel haben richtig geholfen.


12.10. Jhansi (südöstlich von Agra)

War vor allem ein Übergangspunkt zur nächsten Station. Ein Fort hab ich dann doch abgehakt.


Khajuraho: Lakshmana Tempel
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Khajuraho: Lakshmana Tempel

13.10. - 15.10. Khajuraho (zwischen Agra und Varanasi)

Ist eine kleine Stadt mit 8000 Einwohnern. Ursprünglich standen hier mal 85 Tempel von den heute 22 mehr oder weniger erhalten sind. Die westliche Tempelgruppe ist bestens in Schuss und der Grund diesen Ort zu besuchen. Hat sich wirklich gelohnt. Auf einem relativ kleinen Areal befinden sich 10 Tempel. Einige davon in stattlicher Größe, interessanter Architektur und unglaublich vielen Verzierungen.


16.10. Satna

Satna: Blick auf die Straße
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Satna: Blick auf die Straße

Hier gibt es nichts zu sehen. War nur eine Zwischenstation zwischen Khajuraho und Varanasi. Und trotzdem verbinde ich hiermit ein paar der besten Erlebnisse in Indien.
1. Die Busfahrt von Khajuraho nach Satna. Mit dem Rickshaw-Fahrer war abgesprochen, für mich den richtigen Bus am Busbahnhof herauszusuchen. Auf einmal zeigt er auf einen Schrotthaufen. Ich hätte nie gedacht, dass so was noch fahren kann. Leider war das Getriebe im gleichen Zustand wie das Äußere. Nach 2 km gabs einen Knall und nix ging mehr. Mit dem nächsten Bus also wenigsten bis zur Hauptstraße. Warten auf einen anderen Langstreckenbus. Der der kam, hatte schon das halbe Dach voll Gepäck und den Innenraum voll mit Menschen. Mit kräftigem Drücken des Kontrolleurs hab natürlich auch ich noch reingepasst. Und dazu unglaubliche Straßen. Da sind bei uns viele Waldwege erheblich besser als hier die wichtigen Fernstraßen. Coole Fahrt.
2. Abend war ich in einem indischen Kinofilm. War leider keine typische Romanze, für die Indien so berühmt ist. War stattdessen ein Film über das Kashmir-Problem. Pakistanische Terroristen, die ein indisches Flugzeug entführen und unschuldige Menschen töten. Die heldenhaften Inder konnten schlussendlich die Terroristen unschädlich machen und die Geiseln befreien. Tosender Applaus im Kino. (Zur Entspannung des Konflikts hat der Film mit Sicherheit nicht beigetragen)
3. Die Zugfahrt von Satna nach Varanasi. 330 km, 10 Stunden, 157 Rupees. Das sagt eigentlich schon alles. Fenster gibt es in der Proletenklasse nicht, nur Gitter, die Türen stehen ständig offen und wenn der Zug hält (was er so gut wie immer tut) wird draußen Pause gemacht. Herrlich.


17.10. - 19.10. Varanasi

Ein paar Tempel besichtigt, mich in den engen Gasse der Altstadt verlaufen und die Verbrennungsstätten besichtigt. Zum Sonnenaufgang gings zu einer Bootstour auf den Ganges. Es ist übrigens strengstens Verboten, die heiligen Verbrennungsstätten zu fotografieren - es sei denn man bezahlt!


19.10. - 20.10 Fahrt nach Darjeeling

18 Uhr 12 km Busfahrt zum Bahnhof (10 Rupees, 70 min)
21.30 bis 18 Uhr des nächsten Tagen Zugfahrt (750 km, 20,5 h, 700 Rupees im Schlafwagen mit Klimaanlage)
18 bis 22 Uhr mit einem Jeep vom Bahnhof nach Darjeeling (120 km, 3,5 h reine Fahrzeit, 100 Rupees)


Das Reisen an sich in Indien läuft viel einfacher als ich dachte. Hatte soweit überhaupt keine Schwierigkeiten einen bestimmten Bus oder Zug zu bekommen, ein Hotel zu finden oder sonst was zu organisieren. Man muss eben nur bedeutend mehr Zeit einplanen. Und davon hab ich ja genug.

Mit dem ständigen Bedrängt werden lernt man langsam umzugehen. So komme ich schon lange nicht mehr aus Deutschland. Dann fallen die meisten nämlich in ihre Standardantworten (Beautiful country, I have many friends there, ...). Ich bin entweder aus Bulgarien (kennt kaum jemand und ist somit uninteressant) oder noch besser China. Das lenkt die Gespräche in eine ganz andere Richtung oder beendet sie ganz schnell. (Polen ist schlecht. Da haben mich doch glatt zwei von drei Inder auf Polnisch begrüßt. Konnte irgendwie nicht antworten) Die Freundlichkeit habe ich ebenfalls schon lange abgelegt. Auch das dritte freundliche Nein wird einfach nicht verstanden. Ein sehr raues Abweise viel eher. Das geht mir zwar unglaublich gegen den Strich, aber anders scheint es nicht zu laufen. So gibt es noch einige Tricks die man mit der Zeit von anderen Touris lernt oder selber herausfindet.

Im Großen und Ganzen bin ich von Indien ziemlich enttäuscht. Das hat mehrere Gründe, die sich so schnell in einer E-Mail nicht erklären lassen. Grob zusammengefasst sind es der unglaubliche Dreck überall (sogar der heilige Ganges - die Lebensader der indischen Kultur - ist biologisch gesehen tot) und die Menschen, denen ich aus Erfahrung nie vertrauen kann.

Aber ich glaub ich brauche noch einige Zeit alles wirken zu lassen.


21.10. - 24.10 Darjeeling (liegt im Nordosten Indiens)

Kangchenjunga
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Kangchenjunga

Was für eine Stadt! Hat ein völlig anderes Feeling als in alle anderen indischen Städte die ich bisher besucht habe. (Damit habe ich schon meine ersten Fehler erkannt. Indien besteht eben nicht nur aus der Achse Delhi - Varanasi.) Schon nach 2 Minuten habe ich mich hier richtig wohlgefühlt. Die Menschen sind zwar zurückhaltend, können aber von Innen heraus lächeln und sind dazu noch unglaublich hilfsbereit. Nach meinen ersten drei Wochen in Indien konnte ich dies kaum fassen. Das macht gleich viel mehr Spaß, wenn man selber den Menschen wieder offener gegenüber treten kann. Bin den ganzen ersten Tag durch die Stadt gelaufen und hab es genossen. Heute früh klingelte dann um 3.30 Uhr der Wecker. Wollte pünktlich zum Sonnenaufgang auf dem Tiger Hill (einem Aussichtspunkt) sein. Zur Belohnung gabs einen wolkenfreien Sonnenaufgang mit Blick auf den nahegelegenen Kanchenjunga (dritt höchster Berg der Welt und höchster Berg in Indien) und den entfernten Mount Everest. Dieses Lichtspiel und die Aussicht werden die Fotos leider nicht wiedergeben können.

Wildwasser Rafting. Hört sich abenteuerlich an. War aber eher eine Stunde Schlauchbootfahren in 6-mal nass werden. Schöne Landschaft, nette Mitpaddler - hat echt Spaß gemacht.

Jetzt "muss" ich leider die Stadt schon wieder verlassen.

15 Stunden Zugfahrt nach Kolkata.


25. - 26.10. Kolkata

Kolkata: Einige der letzten handgezogenen Rikschas
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Kolkata: Einige der letzten handgezogenen Rikschas

Nach dem mir einige Reisende Schauermärchen über diese Stadt erzählt hatten, habe ich ja das Schlimmste erwartet. Fand ich aber gar nicht so übel. Liegt wahrscheinlich auch daran, dass ich an der grünen Lunge der Stadt gewohnt habe. Außerdem wirkt die Stadt nicht ganz so ärmlich wie andere. U-Bahn gefahren, die Howrah-Bridge (die angeblich meistgenutzte Brücke der Welt) gesehen und zwei Museen besucht. Und ein letztes typischen indischen Erlebnis. War beim Frisör um mir lediglich die Haare schneiden zu lassen (was ich ganz klar so geäußert habe). Ehe ich mich versah, hatte ich noch eine Rasur und eine Gesichtsmassage verpasst bekommen. Die Ganzkörpermassage konnte ich gerade noch abwenden. Als er mich dann auch noch grinsend beim Geld beschummeln wollte, habe ich ein Halbausraster bekommen. Zumindest stimmte dann der Preis und sein Grinsen war verschwunden.


27.10. Flug von Kolkata nach Yangoon

Ich kann nicht sagen, dass ich traurig bin, Indien zu verlassen. Ein Erlebnis war es auf jeden Fall. Und ich bin ja auf Reisen und nicht im Urlaub.