- 1:1 (0:1)

Veltins-Arena
60.916 Zuschauer (davon 1.800 Gästefans)

Fußball, 1. Bundesliga (2016/17), 30. Spieltag

 

Heute zu Gast beim Verein “Gegründet von Kumpeln und Malochern”. Um diese Tradition zu würdigen, haben wir um das Spiel zwei Stationen auf der “Route der Industriekultur” eingebaut. Die Route der Industriekultur umfasst die wichtigsten und touristisch attraktivsten Industriedenkmäler des Ruhrgebiets und ist noch mal in 30 Themenrouten eingeteilt. Zur Themenroute “Industrienatur” zählt die Gelsenkirchener Halde Rheinelbe. Sie ist eine Bergehalde, die während der Laufzeit der Zeche Rheinelbe aufgeschüttet wurde und mittlerweile als Naherholungsgebiet erschlossen ist. Da wo ich herkomme, verstehen wir unter Erholungsgebiet schöne Seen mit ganz viel Wald drum herum. Hier ist es eine aufgeschüttete Mondlandschaft mit einer 10 m hohen “Himmelstreppe” aus Betonblöcken. Irgendwie erinnert mich das an all die tristen grauen Häuser der DDR-Dörfer und Städte - sie waren hässlich, aber hatten einen gewissen Charme, bei dem ich mich immer wohlgefühlt habe. Vielleicht ist mir ja deswegen der Ruhrpott sympathisch.

Genug Kultur fürs Erste - auf zur Veltins-Arena. Die Veltins-Arena, oder ursprünglich Arena auf Schalke, war die erste Arena der Moderne, der mittlerweile die Mehrheit der Vereine von Liga 1 bis 3 gefolgt sind. Sie war sozusagen ein Vorreiter des modernen Fußballs. Sie war die erste Arena, die den wahren Fußball mit Stehplätzen, Wind, Regen und schlechter Akustik zu Grabe getragen hat. Sie war die erste Arena, die dem Event-Fan einen trockenen Sitzplatz gegeben hat und ihn dafür ordentlich bezahlen lässt. Ob das gut oder schlecht ist, kann ja jeder selber für sich beurteilen. Ein Zuschauerschnitt von über 60.000 spricht schon mal für sich.

Der erste Eindruck beim Blick ins Rund war: “Große Handballhalle”. Das ist schon eine eigene abgeschlossene Welt hier drin, die keine Verbindung zur Außenwelt hat. Durch die kleine Dachöffnung kommt kein Wetter, der Rasen glänzt und die Tribünen sind wie aus einem Guss. Für einen Malocherverein ganz schön poshy und ganz recht wenig traditionalistisch und erinnert mich in seiner leichten Dekadenz an die Commerzbank-Arena in Frankfurt/M. Nicht falsch verstehen, es ist schon schön hier und die Atmosphäre ist super, aber es gibt einfach nicht das Gefühl, das “richtige” Fußballstadien bieten können. Und nun bin ich endlich hier. Seit knapp 16 Jahren wollte ich ein Spiel in der Arena besuchen - am liebsten im Gästeblock mit dem F.C. Hansa. Als Hansa noch Bundesliga gespielt hatte, habe ich es nie geschafft und nach dem Abstieg fehlten die coolen Gegner. Mit dem heutigen Tag hab ich diese Ground-Lücke endlich geschlossen.

Im Stadion durften die Fußballtraditionsbewahrer der Ultras Gelsenkirchen Flyer gegen den heutigen Gegner RB Leipzig verteilen. Dieser Flyer ist die gefühlt 30ste kritische Auseinandersetzung mit dem Konstrukt. So wird RB unter anderem als “weitere Stufe der Perversion der Kommerzialisierung des Fußballs” bezeichnet. Wenn man die eigenen Verhältnisse als akzeptabel definiert und sich dann an den Unterschieden abarbeitet, klingt es erst mal schlüssig und ist doch im Grund nichts weiter als Besitzstandswahrung. Also das Gleiche wie immer und mittlerweile schon Tradition.

Anpfiff. RB übernahm von Anfang an die Kontrolle im Spiel. Sie spielten gutes Pressing und nach Balleroberung konnte man sehen, wie alle Spieler auf Angriffsmodus umschalteten und die Post nach vorne abging. In der 14. Minute erzielte RB den Führungstreffer und hätte nachlegen können oder besser nachlegen müssen. Haben sie aber nicht und so ging es mit einer 1:0-Führung in die Kabine. Schalke hatte drei Tage vorher eine Europa League Spiel über 120 Minuten absolviert und einen Sieg spät in der Verlängerung aus der Hand gegeben. Die erste Halbzeit sah so aus, als steckte ihnen das psychologisch und kräftemäßig noch in die Knochen und ich dachte, RB macht in der zweiten Halbzeit den Sack zu. Weit gefehlt. In der zweiten Halbzeit spielte plötzlich Schalke druckvoller und hatte mehr Chancen. Der Ausgleich nach wenigen Sekunden spielte ihnen natürlich in die Karten. Aber RB hatte in der kompletten zweiten Halbzeit keinen Zug zum Tor, das Umschaltspiel funktionierte einfach nicht mehr, spätestens der dritte Pass nach vorne kam nicht mehr an. Die RB Abwehr stand hingegen ganz okay und so war es ein mäßig aufregender Kick in der zweiten Halbzeit. Am Ende stand ein für mich gerechtes Unentschieden. Schalke hat es somit verpasst sich dichter an die internationalen Plätze zu schieben und steht sechs Punkte vor dem Relegationsplatz und sechs Punkte hinter einem Europa League Platz. RB hätte mit einem Sieg noch mal Druck auf die Bayern ausüben können (auch unter dem Gesichtspunkt, dass am vorletzten Spieltag die Bayern in Leipzig gastieren müssen). So bleiben es acht Punkte hinter Bayern und sieben Punkte vor dem Champions League Qualifikationsplatz.

Vor dem, während des und nach dem Spiel gab es diverse negative Sympathiebekundungen für Timo Werner. Im Hinspiel hatte er beim 2:1 Sieg einen Elfmeter durch eine Schwalbe herausgeholt und den Elfmeter anschließend zum 1:0 versenkt. In Kombination damit ein RB-Spieler zu sein, hat ihn das auf der Beliebtheitsskala bei den Fans im Allgemeinen und bei den Schalke-Anhängern im Speziellen ins Bodenlose sinken lassen. Er war Gegenstand von Schmähgesängen bei An- und Abreise und wurde im Stadion gnadenlos ausgepfiffen. Ganz spurlos geht das nicht an ihm vorbei. Beim 1:0 hat er sehr verhalten gejubelt. Und bei einem Laufduell gegen den Schalker Torhüter hat er, obwohl die Chance 50:50 stand als Erster an den Ball zu kommen, klar zurückgezogen, was er sonst mit Sicherheit nicht getan hätte. Bei ihm sollte es jetzt wieder mal gut sein, ansonsten hoffe ich, dass es anderen Spielern eine Lehre ist und sie lieber stehen bleiben statt abzuheben. Der kurzfristige Erfolg ist nicht immer alles.

Im Vergleich zu München (7000 RB-Fan) und Dortmund (8000 RB-Fans), wo die Gästeblöcke jeweils ausverkaufte waren, kamen heute mit 1800 Gästefans deutlich weniger Leipziger ins Stadion. Vielleicht hat Schalke doch nicht den Stellenwert wie die beiden Topvereine, oder ein Sonntagabendtermin im fernen Ruhrpott schreckt viele ab oder die Vorkommnisse von Dortmund im Februar zeigen noch Nachwirkungen. Wie auch immer, ich finde die Zahl trotzdem recht ansprechend und die Stimmung im Gästeblock war ordentlich.

Um den Tag abzurunden, gab es für uns noch einen Abstecher zur Zeche Erin, einem ehemaligen Steinkohle-Bergwerk, auf der Themenroute “Mythos Ruhrgebiet” in Castrop-Rauxel. (Neben Ottendorf-Okrilla ist Castrop-Rauxel einer der Orte, in dem man alleine wegen seines klangvollen Namens mal gewesen sein muss.) Die Zeche Erin war die erste Zeche von Castrop-Rauxel und wurde 1983 als letzte Zeche des Ortes geschlossen. Heute stehen noch zwei ehemalige Fördertürme als Denkmäler.

Vom heutigen Tag bleibt ein schöner Ausflug mit Ruhrpott-Kultur und Fußball-Kommerz.

Aufstellung:
FC Schalke 04:
Fährmann – Coke, Höwedes (C), Nastasic, Kolasinac – Stambouli, Bentaleb – Caliguiri (50. Schöpf), Meyer (82. Riether) – Burgstaller (74. di Santo), Huntelaar
Trainer: Markus Weinzierl

RB Leipzig:
Gulácsi – Bernardo, Orban (C), Compper, Halstenberg – Keita, Demme – Sabitzer, Forsberg (77. Ilsanker) – Werner (83. Burke), Poulsen (90.+1 Selke)
Trainer: Ralph Hasenhüttel
Tore:
0:1 Werner (14.)
1:1 Huntelaar (46.)
Gelbe Karte:
Stambouli, Coke, Meyer - Halstenberg, Keita
Schiedsrichter: Günter Perl


Weitere Bilder:


Videos:


Externe Berichte:


Persönliche Statistik:

Es war mein erster Besuch in der Veltins-Arena, d.h. es war ein weiterer Ground in meiner Sammlung. Er war:
  • Mein 300. Ground (inkl. aller Sportarten)
  • Mein 208. Fußball-Ground
  • Mein 180. Ground in Deutschland
  • Mein 118. Fußball-Ground in Deutschland
Dieses Sportereignis war außerdem:
  • Mein 210. Fußballspiel in Deutschland
  • Mein 318. Fußballspiel insgesamt
  • Mein 296. Sportereignis in Deutschland
  • Mein 444. Sportereignis insgesamt

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